Gefühle wollen gefühlt werden

Sie wollen gefühlt werden, nicht verdrängt. Ge – fühle sind zum Fühlen da, doch viel zu oft neigen wird dazu, sie wegzudrücken und zu ignorieren. Wir verdrängen viele unserer Gefühle, aber sie sind ein grundlegender Teil unseres Lebens. Sie ermöglichen uns die Welt um uns herum wahrzunehmen, etwas dabei zu empfinden und darauf zu reagieren.
Aber manchmal sind wir nicht in der Lage oder nicht bereit dazu, unsere Gefühle zu fühlen und auszuleben.

Wir haben nicht nur Angst vor der Angst, sondern auch Angst vor der Wut und vor der Traurigkeit. Emotionen sind wie Tanzpartner, denn Sie fordern uns zum Tanz mit ihnen auf. Sie sind eigentlich kurzlebig, wenn wir ihre Aufforderung annehmen, dann dauern viele nur kurz. Genauso wie wir, wollen sie einfach nur gesehen und ernst genommen werden. Doch das fehlt vielen von uns schwer. Gefühle wollen gefühlt werden – tun wir das nicht, dann verschwinden sie nicht einfach. Sie bleiben. Sie bestehen darauf.

Schutzmechanismus

Das Wegdrücken oder Verdrängen von Gefühlen passiert oft automatisch, um uns selbst zu schützen. Dieser Schutzmechanismus kann uns helfen, uns vor Schmerz und Leid zu bewahren. Er ermöglicht uns, schwierige Gefühle nicht zu spüren oder zu vermeiden. Diese Strategie funktioniert allerdings nur kurzfristig, denn langfristig kann das negative Auswirkungen auf uns und unsere Gesundheit haben. Indem wir unsere Gefühle vermeiden oder ignorieren, verleugnen wir auch einen wichtigen Teil von uns selbst. Gefühle wollen von uns gefühlt werden, sie sind Teil unserer Persönlichkeit. Sie sind ein Teil von uns.

Besonders stark und nachhaltig sind Gefühlsblockaden, mit denen wir uns unbewusst in unserer Kindheit vor seelischen Verletzungen geschützt haben. Anstatt unsere Gefühle fühlen zu wollen, haben wir sie von uns abgeschirmt. Diese Blockaden, die unsere Gefühle abblocken bleiben oft lange Zeit bestehen. Die Ereignisse werden zu Erinnerungen, doch unsere Mauern bleiben bestehen.

Gründe, warum wir unsere Gefühle teilweise nicht zulassen:

Angst vor Ablehnung oder Verurteilung

Wir haben Angst, dass unsere Gefühle von anderen nicht akzeptiert oder sogar verurteilt werden könnten. Deshalb versuchen wir, sie zu verstecken oder zu unterdrücken. Das kann bei Trauer genauso gut passieren, wie bei Freude. Und wer kennt sie nicht die romantischen Gefühle für jemand anderen, die wir nicht zeigen. Vor lauter Angst, dass der oder die andere unsere Gefühle nicht teilt. Nicht umsonst gibt es so viele Liebesromane.

Unsicherheit

Wir fühlen uns unsicher und unwohl dabei, unsere Gefühle zu teilen oder auszudrücken. Vielleicht haben wir in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht, als wir unsere Gefühle gezeigt haben. Wir haben deshalb Angst davor, dass uns das wieder passieren könnte. Da reicht es auch schon, eine einzige negative Erfahrung gemacht zu haben, um unsere Gefühle in ähnlichen Situationen “runterzuschlucken”. Gefühle wollen gefühlt werden – ja, aber…

Unbewusste Überzeugungen und Erfahrungen

Manchmal drücken wir unsere Gefühle weg, weil wir tief verwurzelte Überzeugungen und Erfahrungen haben, die uns davon abhalten, sie auszudrücken. Das können sowohl einschränkende Glaubenssätze sein, als auch negative Erlebnisse, die wir gemacht haben. Beispiel gefällig? Nehmen wir an, es gibt tief in uns den Glaubenssatz: “Von nichts, kommt nichts!” und wir haben ohne Anstrengung an einem neuen Projekt viel verdient. Echte Freude? Fehlanzeige, denn wir haben ja nichts dafür geleistet. Wir erlauben uns diese Freude also nicht.

Angst vor der Intensität von Gefühlen

Eine häufige Ursache dafür, dass wir unsere Gefühle wegdrücken, ist die Angst vor der Intensität von Gefühlen. Wenn wir uns erlauben, unsere Gefühle vollständig zu fühlen, kann das eine überwältigende Erfahrung sein. Wir haben daher Angst, dass unsere Gefühle uns überwältigen oder außer Kontrolle geraten können. Trauer ist hier ein gutes Beispiel für ein Gefühl, das gefühlt werden will. Sie verläuft wellenförmig und in bestimmten Phasen. Doch wer schon einmal von großer Trauer überwältigt wurde, der will dieses Gefühl nicht mehr fühlen.

Besonders wenn Kinder beteiligt sind, versuchen wir, uns unsere Trauer nicht anmerken zu lassen. Wir wollen stark sein, um die Kinder nicht noch mehr zu verunsichern und ihnen noch mehr Schmerz zuzuführen. Aber Kinder werden noch viel mehr verunsichert, wenn man seine eigenen Gefühle nicht zeigt. Sie merken es besonders gut, dass unser Verhalten nicht kongruent ist. Unser Verhalten also nicht mit dem übereinstimmt, was sie von uns spüren.

Angst vor Konfrontationen oder Veränderung

Manchmal verdrängen oder unterdrücken wir unsere Gefühle, weil wir möglicherweise das Gefühl haben, dass das Ausdrücken unserer Gefühle unangenehme oder unerwünschte Konsequenzen haben kann. Oft steckt auch die Angst dahinter, uns auf uns selbst konzentrieren zu müssen. Hand aufs Herz – wie oft wollen wir ein Gefühl nicht fühlen, weil uns die Konsequenzen daraus zu unbequem sind. Wie oft spüren wir, dass uns etwas nicht gut tut und machen es trotzdem, da wir sonst etwas verändern müssten. Gerade dann, wenn wir unser Leben oder uns selbst verändern sollten, wenn wir dieses Gefühl zulassen.

Wie können sich unterdrückte und verdrängte Gefühle auf uns auswirken

Gefühle sind Empfindungen, die wir bewusst wahrnehmen. Wenn wir unsere Gefühle verdrängen, dann bleiben sie in unserem Unterbewusstsein vorhanden. Sie verschwinden nicht einfach oder lösen sich in Luft auf. Diese Ansammlung von nicht ausgelebten Gefühlen hat Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche. Sie beeinflussen unbewusst unsere Gedanken, unsere Handlungen und unsere Erwartungen. Unsere Gefühle, die wir nicht fühlen wollen, verändern unser Erleben.

Körperliche Symptome

Verdrängte Gefühle können in unserem Körper abgespeichert werden und zu körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Verspannungen führen.

Erhöhtes Stressniveau

Wir fühlen uns dabei gestresst, wenn wir unsere Gefühle verdrängen oder ignorieren. Unbestimmte, unterschwellige nicht gelebte Gefühle aus unserer Vergangenheit können ein riesiges Stresspotential für uns darstellen.

Emotionale Instabilität

Wenn wir unsere Gefühle ignorieren, können wir uns emotional instabil fühlen. Wir sind oft aus unerfindlichen Gründen traurig oder wütend und neigen zu Stimmungsschwankungen.

Schwierigkeiten in Beziehungen

Verdrängte Gefühle können zu Schwierigkeiten in unseren Beziehungen führen. Unterdrückte Gefühle sorgen nicht gerade für eine gute Verbindung zu uns selbst. Doch wenn wir uns selbst nicht nahe sind, können wir auch keine echte Nähe in der Partnerschaft zulassen.

Warum wir unsere Gefühle fühlen sollten

Unsere Emotionen informieren uns darüber, was in uns und um uns herum passiert. Sie können uns helfen, Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen. Das Fühlen und Ausdrücken unserer Emotionen kann auch zu körperlichen und seelischen Vorteilen führen. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass unsere Gefühle auszuleben dazu beitragen kann, das Immunsystem zu stärken, Stress abzubauen und unsere Beziehungen zu verbessern.

Indem wir unsere Gefühle fühlen und uns mit ihnen auseinandersetzen, können wir auch unsere Selbstkenntnis und unsere emotionale Intelligenz verbessern. Das kann in vielen Aspekten unseres Lebens nützlich für uns sein.

Fühlen kann man lernen

Gefühle wollen gefühlt werden und nicht verdrängt. Die gute Nachricht ist: Fühlen kann man lernen. Wir können lernen, unsere Gefühle zuzulassen und zu fühlen. Wir können lernen mit unseren Gefühlen umzugehen.

Was helfen kann Gefühle zuzulassen und mit ihnen umzugehen

Gefühle erkennen und benennen

Unsere Gefühle zu erkennen und sie zuzuordnen kann helfen, Gefühle für sich zu ordnen und Muster zu erkennen. Ein Gefühlstagebuch zu schreiben hilft dabei. Dafür kann man sich täglich ein paar Minuten Zeit nehmen, um seine Gefühle zu beschreiben und wenn möglich auch zu benennen.

Ursachensuche

Wir können versuchen, die Gedanken, Bedürfnisse oder auslösende Situationen, die unsere Gefühle auslösen, zu erkennen. Das kann helfen Muster aufzudecken und Gefühle besser zu regulieren.

Erlaubnis

Erlaube Dir, Deine Gefühle zu fühlen, ohne sie zu bewerten und zu verurteilen. Begegne ihnen wertfrei und mit Neugier.

Achtsamkeit

Übe Achtsamkeit! Achtsamkeit ist eine Technik, die uns hilft, gegenwärtig und aufmerksam im Moment zu sein, ohne zu urteilen. Achtsamkeitstraining hilft uns, unsere Emotionen zu akzeptieren, und nicht zu sehr in sie hineingezogen zu werden.

Eigener Weg

Finde einen Weg für Dich, gut mit Deinen Emotionen umzugehen und sie auszudrücken. Das kann Bewegung, Schreiben, Entspannungsübungen, Malen oder das Erlernen neuer Fähigkeiten sein.

Unterstützung holen

Wenn man Schwierigkeiten dabei hat, seine Gefühle zuzulassen, dann kann es eine Hilfe sein, sich Unterstützung zu holen, um seine Blockaden zu erkennen und zu lösen.

Fazit

Unsere Gefühle zuzulassen, ist ein wichtiger Schritt für unsere geistige und körperliche Gesundheit. Gefühle wollen gefühlt werden, nicht verdrängt. Wenn wir Emotionen unterdrücken, ignorieren oder verdrängten, dann kann uns das auf lange Sicht negativ beeinflussen.

Es ist ein wichtiger Teil unseres Lebens, unsere Gefühle zu fühlen und sie auszudrücken und kein Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr von Stärke.

Wir können lernen zu fühlen und mit unseren Emotionen umzugehen, um ein gesundes, erfülltes Leben zu führen.

Die Autorin

Mag. Alexandra Gillich-Brandstätter ist Expertin für die Lösung von Gefühlsblockaden.
Sie ist unter anderem Lebens – und Sozialberaterin, Coach und Autorin des Buches: “Liebe herznah – Gefühlsblockaden lösen, echte Nähe zulassen, endlich leben, statt zu funktionieren.

“Die Welt der Gefühle” ist der Schwerpunkt des ersten Monats ihrer Membership “Nah bei dir”
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